In diesem Zweiteiler will Dirk Steffens zeigen, wie. Hühner in Deutschland leben, bevor wir sie essen. Wie kommen die Dumpingpreise zustande? Wie läuft die Fleischproduktion in deutschen Ställen? Steffens wird selbst zum Öko-Hühnermäster und schafft gleichzeitig ein Praktikum in einem konventionellen Betrieb. Projekt Hühnerhof StreamBlütenrein und strahlend weiß stehen sie da, picken nach Würmern und auch mal nach ihrem Artgenossen - glückliche Hühner auf grüner Wiese. Bis sich Unruhe unter den Tieren breitmacht und sie kurz darauf aufgeregt gackernd Unterschlupf unter dem Dach eines offenen Stallgebäudes suchen. Spüren sie etwa, dass sie heute noch verfrachtet und später zum Schlachthof gebracht werden sollen? 'Die haben den Schatten eines Kleinflugzeugs mit dem Habicht verwechselt', klärt Dirk Steffens die Situation auf und rollt mit den Augen. 'Ich kann's selbst kaum glauben, aber ich habe hier einen gepflegten Habicht-Hass entwickelt.' Für die zweiteilige Doku Projekt Hühnerhof (am 30. September und 7. Oktober im ZDF) mästet der Terra X-Moderator im Selbstversuch Hennen unter freiem Himmel. Natürlich haben Raubvögel den Braten gerochen. Bei einem Ökolandwirt nahe Uelzen in Niedersachsen, wo Steffens die Verantwortung für zweieinhalbtausend Hühner übernommen hat, und auch in einem konventionellen Mastbetrieb will der Tierfilmer und Wissenschaftsjournalist erleben, wie die Tiere in Deutschland aufgezogen und geschlachtet werden. Gleichzeitig startet der 46-Jährige eine Kampagne, die darauf abzielt, Verbraucher zum Verzehr von besserem, aber dafür weniger Fleisch zu bewegen, von Tieren, die artgerecht gehalten wurden. Auf Hühner, die am stärksten industrialisiert gehaltenen Nutztiere - allein in Deutschland werden jährlich knapp 700 Millionen Masthähnchen geschlachtet -, kam Steffens nicht zuletzt über den Preis. 'Ich bin in den nächsten Supermarkt gegangen und habe mir das erstbeste Hähnchen rausgegriffen: 2,89 Euro. Es wog 1,2 Kilo.' Immer noch fassungslos berichtet er vom folgenden Preisvergleich mit anderen Produkten des Geschäfts: Mais, Pommes frites, Brokkoli, saure Gurken und sogar Katzenfutter - alles ist teurer. Wie kann Katzenfutter mit Geflügel teurer sein als ein ganzes Federvieh? Was bedeutet das für die Tierhaltung, und wieso ist ein artgerecht gehaltenes Biohähnchen um ein Vielfaches teurer? Diese Fragen werden für den weitgereisten Dokufilmer zum Ausgangspunkt für ein TV-Experiment vor der eigenen Haustür, das nicht nur zeigen soll, unter welchen Bedingungen gemästet wird, sondern auch transparent machen will, wie die Preise eigentlich zustande kommen. TV SPIELFILM: Sie kennen die Wildnis, was treibt Sie in den Hühnerstall? Dirk Steffens Es gibt niemanden, der widerspricht, wenn ich sage: Wir müssen die Tiger schützen. Jetzt habe ich mal das Experiment gewagt, das mit einer Tierart zu machen, bei der die meisten Menschen erklärtermaßen anderer Meinung sind. Wo sind Sie auf Widerstand gegen Ihr Vorhaben gestoßen? Überall, auch bei Kollegen. Für so einen Film müssen ja Gebührengelder bewilligt werden. Da fängt das Problem schon an, weil das Thema nicht 'sexy' ist. Außerdem wird in meinem Film auch geschlachtet, und da sagt jeder Fernsehprofi: Das will doch nun wirklich keiner sehen. Aber es gab doch bereits Dokus über Massentierhaltung. Wo man in einen Stall einbricht und schreit: 'Skandal! Das verkauft sich gut und ist leicht zu machen. Man ruft ein paar Bekannte von Tierschutzorganisationen an und fragt, ob man bei der nächsten Aktion dabei sein kann. Wenn Sie nachts irgendwo reingehen und eine Lampe auf die geblendeten Hühnervögel halten, sehen die immer wie gemarterte Tiere aus. Ein paar Tierleichen findet man in einem großen Stall eigentlich auch immer. Wie zum Beispiel in einem Film über den Wiesenhof-Konzern. Es gibt Dutzende dieser Filme. Es ist bequem, die Tiermäster anzuklagen. Da kriegt man immer Applaus. In meinem Film aber gibt es keine Bösen und keine einfachen Antworten. Wir probieren aus, wie das wirklich ist. Deshalb bin ich selbst Hühnermäster geworden. Wie kann man davon existieren, wenn sogar Katzenfutter teurer ist als ein Hähnchen? Das geht nur mit konventioneller Massentierhaltung. Ein Broiler aus dem Grillimbiss ist gerade mal 35 Tage alt. Was man da isst, sind verfettete Tierbabys, die nicht mal als Männchen oder Weibchen erkennbar sind, wenn sie geschlachtet werden. Bei Ihrem Ökohof-Experiment durften die Hühner zwar doppelt so lange leben, aber eben auch nur 70 Tage. Ja, der Ökobauernhof ist auch ein Wirtschaftsbetrieb, da darf man sich keine Illusionen machen. Projekt Hühnerhof KritikAuch hier geht es darum, Geld zu verdienen. Das muss man auch, aber man kann ja neben dem Geldverdienen noch andere Werte vertreten. Die Hühner sollen artgerecht leben und sich bewegen können. Projekt Hühnerhof SendetermineIst die Freilandhaltung der einzige Unterschied zu einem konventionellen Mastbetrieb? Nein, aber ich habe hier in Uelzen einen interessanten Straßenversuch dazu gemacht. Wir haben eine Box gebaut, ein Quadratmeter groß, kleine Stoffhühnchen daneben gestellt und Passanten gebeten: Stecken Sie doch bitte mal so viele Hühnchen da rein, wie Sie glauben, dass sie auf einem Quadratmeter im Hühnerstall leben. Viele sagten: 'eins natürlich', dann kamen ein paar Mutige und meinten: 'fünf'. Und wenn Sie dann, wie es in der Realität der Fall ist, 26 da hineinstellen, dann schlagen sich die Leute die Hand vors Gesicht und sagen: 'Das kann doch gar nicht wahr sein.'
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April 2019
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